Albert Neyton

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Der Mann, der den Kugeln davonlief

Le Destin

In den Tiefen des Zwischenwerks Kalte Erde (Ouvrage de Froideterre) stehen die Männer der Garnison seit drei Tagen unter dem Trommelfeuer der deutschen Artillerie. Das Fort zittert, raucht und ächzt unter den massiven Granateneinschlägen. „Es wird über uns einstürzen“, denkt der Soldat Albert Neyton.

Um ihn herum sind viele Kameraden durch Giftgas niedergestreckt oder aufgrund des ohrenbetäubenden Lärms der Detonationen in Panik. Nur noch wenige sind kampffähig, alle sind erschöpft ... Die Galerien von Froideterre sind in völlige Dunkelheit getaucht.

Am Morgen des 23. Juni 1916 melden Beobachter, dass der Feind nicht mehr weit ist. Er nähert sich vorsichtig dem Zwischenwerk. Es wurde so stark bombardiert, dass die Angreifer hoffen, es zum Schweigen gebracht zu haben ... Zu allem Überfluss sitzt der Maschinengewehrturm, der sie in Schach halten könnte, fest ... Jetzt sind die Deutschen oben auf der Festung und Albert kann sie fast hören.

Die Spannung wird abrupt durch laute Explosionen im Gang unterbrochen, die eine allgemeine Panik auslösen. Deutsche Granaten, die durch einen Spalt in der Decke geworfen wurden, haben einen Vorrat an Leuchtmunition gezündet. Schwarzer, giftiger Rauch dringt in die Kaserne. Albert und seine Kameraden mühen sich ab, das Feuer einzudämmen, das nun ein Munitionsdepot bedroht. In letzter Sekunde werden Patronen und Granaten vor dem Feuer in Sicherheit gebracht. „Wie die Ratten in der Falle!“, so fühlen sich Neyton und seine Kameraden. Und Gegenwehr ist aussichtslos ...

Der Geschützturm mit zwei 75 mm-Kanonen in der Mitte des Festungsbaus könnte sehr gut eingreifen ... ja, aber leider ist die Kommunikation unterbrochen ... Die einzige Lösung wäre ein Bote. Aber wie soll das gehen mit den Deutschen da oben ...? Albert Neyton bietet sich an, den Schießbefehl zu überbringen.

Hundert Meter ungedeckt ... Das ist die Entfernung, die unter Beschuss zurückzulegen ist, um den Geschützturm zu erreichen. Ohne weiter nachzudenken ist er bereits draußen, den Kopf gesenkt inmitten der Kugeln, die um ihn herum zischen und pfeifen. So unwahrscheinlich es auch klingen mag, er erreicht sein Ziel. Und wie groß ist das Erstaunen der Angreifer, als sie sehen, wie sich der Turm langsam bewegt und seine Rohre in ihre Richtung dreht. Schon zerreißt die Maschinengewehrsalve aus den Mündungen die Stille. 116 Schüsse vernichten die Angreifer und lassen ihnen keine Chance ...

Dem Mut von Albert Neyton ist es zu verdanken, dass das Zwischenwerk Ouvrage de Froideterre an diesem 23. Juni 1916 nicht von den Deutschen eingenommen wird, an dem Tag, an dem Verdun fast gefallen wäre ...

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